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100 Jahre 100 Pfade 100 Leute — Demokratiemodelle

AKA:NYX in Kooperation mit PanoDrama aus Budapest und dem Giesinger Kulturbahnhof • München, 2019

Ghafur Sedaghat

Foto: Ghafur Sedaghat

Ghafur Sedaghat

Foto: Ghafur Sedaghat

Ghafur Sedaghat

Der Kösk-Chor; Foto: Ghafur Sedaghat

Ghafur Sedaghat

Foto: Ghafur Sedaghat

Ghafur Sedaghat

Foto: Ghafur Sedaghat

Raphael Westermeier

Foto: Raphael Westermeier

Beteiligte

Konzept und Regie: Dorothea Schroeder
PanoDrama: Anna Lengyel und Judith Garai
Ausstattung: Constanze Knapp
Produktion: Rat & Tat Kulturbüro
Öffentlichkeitsarbeit: Tuncay Acar
Grafik: Ulrich Eisenhofer
Fotografie: Ghafur Sedaghat / Ali Korosh Fazili Bayat
Mit: Susanne Schroeder, Raphael Westermeier, Manuel Boecker und Tine Hagemann

Demokratie – ja unbedingt! … Oder nicht?

Grundrechte – klar!

Mitmachen, beteiligt sein, verantwortlich sein – hm, ja, vermutlich schon … weiß nicht … ich?

Vor 100 Jahren machten die Münchner*innen Revolution und riefen am 07.04.1919 die Bayerische Räterepublik aus nachdem es ihnen die Ungarn vorgemacht hatten. Man sah sich “an der Schwelle zu etwas ganz Großem, etwas, was noch nie dagewesen war“. Endlich direkte Demokratie, endlich Mitbestimmung! Ohne Parteiengeklüngel und Postengeschachere. Jetzt wird alles anders …

War es so? Wie war es wirklich?
Sowohl in Bayern wie auch in Ungarn endete die anfängliche Euphorie in einem Blutbad. Von Bayern jahrzehntelang totgeschwiegen, in Ungarn in einer Diktatur endend.

AKA:NYX spürt gemeinsam mit dem Theaterkollektiv PanoDrama aus Budapest dem Zeitgeist des Aufbruchs vor 100 Jahren mit verschiedenen partizipativen Theaterformaten nach. Welche Forderungen von damals haben überlebt und sind nun fest verankert in unserer Demokratie? Welche wackeln, verschwinden und welche sollten wir uns unbedingt mal wieder vor Augen halten? Oder erneut und vehement einfordern?

Drei partizipative Events vom 16.03. bis zum 04.05.2019

Wir haben ein Grundrechtekonvent als Start und das erste Reenactment: “Alles ist möglich! Die Ausrufung der Bayerischen Räterepublik” veranstaltet. Die letzte Veranstaltung wird sich um die Niederschlagung der Räterepublik und die letzten Kämpfe in Giesing drehen. Wir wollen uns erinnern und <den vergessenen Ideen, Überzeugungen und Opfern ein temporäres Denkmal setzen.

Wer hat Lust mitzumachen? Wer möchte Demokratiemodelle ausprobieren? Wir laden ein zum Mitdenken, Mitmachen, Mitschreien und Mitschweigen!

04.05. Reenactment 2: „Giesinger Schlachten. Das Ende der Bayerischen Räterepublik “

Treffpunkt vor dem Kulturzentrum Giesinger Bahnhof, 18 Uhr, wir gehen ein einem Erinnerungsgang durch Giesing und enden an der Heilig-Kreuz-Kirche. Anmeldungen bitte unter: info@aka-nyx.de oder 0176-77697772

+++ START UM 18 UHR AM GIESINGER BAHNHOF +++

Nach nur vier Wochen rückten reaktionäre Kräfte an; im Mai 1919 war München von „Weißgardisten“ eingenommen. Es folgte eine Woche von Mord und Totschlag.

Das zweite Reenactment ist der Abschluss von “100 Jahre”. Wir wollen in unserer letzten Veranstaltung erinnern. Auch weil in Deutschland und Bayern bisher kaum an diese 100 Jahre alten Ursprünge der Demokratie erinnert wurden. Und uns dabei fragen, wie wir uns eigentlich erinnern. Als Individuum und als Kollektiv. Gibt es eine neutrale Erinnerungskultur?

In einem Marsch durch Giesing setzen wir den Toten temporäre Denkmäler, überlegen, wofür wir eintreten würden und stellen final die Frage, was gewesen wäre, wenn die Räterepublik nicht niedergeschlagen worden wäre.

Die Bayerische Räterepublik ist Geschichte.

Bill of Rights Assembly (Grundrechtekonvent) am 16.03.

Anna Lengyel von PanoDrama führte uns durch den Tag: Wir starteten mit einem leeren Blatt Papier, am Ende des Tages hatten wir sechs ausformulierte Grundrechte, gemeinsam entwickelt und formuliert. Von den Juristen Alexander Schmitt-Geiger und Sebastian Roloff juristisch hinterfragt und gleichzeitig verfeinert. Sechs Grundrechte, die wir uns wünschen würden. Für uns, für München, für Bayern.
Wir hätten noch sehr lange weiter diskutieren können …

§ 1 Recht auf Leben

Jeder Mensch hat ein Recht darauf zu leben. Er hat ein Recht darauf, sein Leben angstfrei und in Würde von Anfang bis zum Ende bestimmen.

— 

§ 2 Die Würde des Menschen

Abs. 1 Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie ist der von Geburt an gegebene Rahmen, in dem sich Menschen als Menschen in Zugewandtheit und Respekt begegnen. Sie ist unabhängig von Alter, Herkunft, Geschlecht, Ethnie und körperlicher oder geistiger Verfasstheit. Alle Menschen begegnen einander auf Augenhöhe.
Kein Mensch hat das Recht, einen anderen zu unterdrücken, auszubeuten, oder schadhaft gesellschaftlich bloßzustellen.

Abs. 2 Jeder Mensch hat das Recht auf Liebe, Zärtlichkeit und eine tägliche Umarmung.

Abs. 3 Alle Menschen sind gleichermaßen wertvoll.

Abs. 4. Alle Menschen haben das unveräußerliche Recht auf einen privaten Raum (physisch+ideell) in dem ihre Geheimnisse, Eigenarten und Individualität geschützt sind. Keiner darf gezwungen werden wissentlich oder unwissentlich sein Seelenleben einem anderen zu offenbaren.

Abs. 5 Die Gedanken sind frei. Sie dürfen nicht durch neurotechnische Methoden ohne Einverständnis digitalisiert/abgehört/gespeichert werden.

Abs. 6 Jeder hat das unveräußerliche Recht an seinen persönlichen Daten und Bewegungsprofilen.

Abs. 7 Eine Vorratsdatenspeicherung findet nicht statt.

— 

§ 3 Gleichheit vor dem Gesetz

Abs. 1 Jeder Mensch (der diese Verfassung akzeptiert) genießt Gleichheit vor dem Gesetz, inklusive das Recht auf Währung der Rechte dieser Verfassung und auf freie Gerichtsbarkeit.

Abs. 2 Das Recht an freien Wahlen und Abstimmungen im Verfassungsgebiet teilzunehmen, haben diejenigen, die entweder hier geboren sind oder bei denen mindestens ein Elternteil hier geboren ist.

— 

§ 4 Recht auf körperliches, psychisches und soziales Wohlbefinden

Dieses Gesetz gewährt, innerhalb des Verfassungsgebietes:
Abs. 1 ein Recht auf kostenfreien Zugang zu:
Abs. 2 öffentlich-rechtlichen Medien
Abs. 3 öffentlichen Nahverkehr
Abs. 4 Gesundheitsdienstleistungen aller Art, (auch heilkundliche Medizin)
Abs. 5 Barrierefreiheit und einfache Sprache
Abs. 6 ein Recht auf ein Leben ohne Armut
Abs. 7 Grundsicherung
Abs. 8 Grundernährung im Notfall
Abs. 9 Unterbringung (kostenfrei im Notfall)
Abs. 10 ein Recht auf Unversehrtheit
Abs. 11 ein Recht auf saubere Luft, sauberes Wasser, gesunde Lebensmittel und eine intakte Natur
Abs. 12 ein Recht auf freien Zugang zur Natur
Abs. 13 Schutzgebiete ausgenommen

— 

§ 5 Freiheit des Denkens, Glaubens, Gesinnung und Meinungsäußerung

Abs. 1 Jeder hat das Recht, seine Religion frei auszuüben. Keiner darf aufgrund seiner Religionszugehörigkeit oder Religionslosigkeit benachteiligt werden. Keine Religion wird seitens des Staates bevorzugt behandelt, der Staat ist gegenüber jeder Glaubensgemeinschaft neutral.

Abs. 2 Jeder hat das Recht seine Meinung in Bild, Wort, Schrift digital, oder anderen Medien frei zu äußern (Strafgesetzbuch regelt Aufruf zu einer Straftat).

Abs. 3 Presse, Rundfunk und Medien sind frei und unabhängig in ihrer Berichterstattung. Eine Zensur darf nicht stattfinden.

Abs. 4 Jeder hat das Recht sich mit anderen ohne Waffen friedlich versammeln. Versammlungen unter freiem Himmel im öffentlichen Raum müssen vorher angemeldet werden.

Abs. 5 Forschung, Wissenschaft und Lehre sind frei in ihrer Gestaltung und unterliege keiner Weisung vom Staat. Ethische Wertungen nimmt das Parlament mit 2/3 Mehrheit vor (z.B. Designbabies).

Abs. 6 Jeder hat das Recht sich im Einflußgebiet dieser Verfassung frei zu bewegen und überall zu niederlassen.

— 

§ 6 Kulturelle Vielfalt

Abs. 1 Jede/m stehen die ihn/sie betreffende Informationen zu.

Abs. 2 Die kulturelle Vielfalt ist staatlich zu gewährleisten.

Abs. 3 Die kulturelle Identität steht unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung.

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§ 7 Recht auf Entfaltung gesellschaftlicher Teilnahme

Dieses Gesetz ermöglicht innerhalb des Verfassungsgebietes:

Abs. 1 Recht auf kostenlose Bildung

Abs. 2 Recht auf freien Zugang zu Information

Abs. 3 Recht auf kulturelle Vielfalt, unabhängig von wirtschaftlichem Druck

Abs. 4 Recht auf Verbraucherschutz

Abs. 5 Recht auf freien Marktzugang, unabhängig von Abstammung, kultureller, religiöser Zugehörigkeit oder nationaler Zugehörigkeit, Gender etc.

Abs. 6 Recht auf Gründung einer Vereinigung

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Danke!

Gefördert durch das Kulturreferat, die Bezirksausschüsse 3 und 17 und den Fachbereich Politische Bildung des Pädagogischen Instituts im Referat für Bildung und Sport der Landeshauptstadt München sowie durch den Verfügungsfonds der Sozialen Stadt Giesing . Mit freundlicher Unterstützung der Bayern LB.